Runa (Roman)

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Mai 2019 um 17:15 Uhr durch Mcdustsucker (Diskussion | Beiträge) (Neu neu neu). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Runa ist der 2015 erschienene Debutroman der deutschen Schriftstellerin Vera Buck. Erzählt wird die Geschichte eines Studenten am Pariser Hôpital de la Salpêtrière und seiner Patientin Runa am Ende des 19. Jahrhunderts.

Aufbau

Das Buch ist in sechs Teile, sowie einem Prolog und einem Epilog unterteilt. In Prolog und Epilog erinnert sich der fiktive Ich-Erzähler, und nur als Nebenfigur auftretende Maxime Chevrier, an die etwa 15 Jahre zurückliegenden Geschehnisse am Hospital.

Den einzelnen Teilen des Romans stehen Zitate eines zeitgenössischen Mediziners voran. Darunter des schwedischen Mediziners Carl Janson, des schweizer Psychiaters und Erfinders der Psychochirurgie Gottlieb Burckhardt, des ebenfalls aus der Schweiz stammenden Manfred Bleuler, Psychiater und Sohn von Paul Eugen Bleuler, und des französischen Pathologen und Neurologen Jean-Martin Charcot, der im Roman eine wichtige Rolle spielt.

Ort der Handlung ist Paris im Jahr 1884. Daneben gibt es Rückblicke auf die Zeit des Protagonisten Johann Richard Hell in seiner Heimat Schweiz.

Das Buch schließt mit Anmerkungen der Autorin, inklusive einer umfangreiche Bibliografie zum Thema des Buchs, sowie einem Zitatnachweis.

Klappentext

»Man kam nicht her, um zu genesen, sondern um zu sterben.«

Paris, 1884. In die neurologische Abteilung der Salpêtrière-Klinik wird ein kleines Mädchen eingeliefert: Runa, die allen erprobten Behandlungsmethoden trotzt und den berühmten Arzt und Hysterieforscher Dr. Charcot vor versammeltem Expertenpublikum blamiert. Jori Hell, ein Schweizer Medizinstudent, wittert seine Chance, an den ersehnten Doktortitel zu gelangen, und schlägt das bis dahin Undenkbare vor. Als erster Mediziner will er eine Patientin heilen, indem er eine Operation an ihrem Gehirn durchführt. Was er nicht ahnt: Runa hat mysteriöse Botschaften in der ganzen Stadt hinterlassen, auf die auch andere längst aufmerksam geworden sind. Und sie kennt Joris dunkelstes Geheimnis ...

Inhalt

Der historische Roman erzählt die Geschichte des schweizer Medizinstudenten Johann Richard „Jori“ Hell, der sich am Hôpital de la Salpêtrière, der damals berühmtesten Nervenheilanstalt Europas, auf seine Doktorarbeit vorbereitet. Der sensible Jori erlebt die groteske Welt des gigantischen Siechenhauses und den erbitterten Konkurrenzkampf unter den Ärzten, als erste neue Diagnosen und Therapien anzuwenden. Er lernt die Patienten seiner Abteilung kennen, die - nicht selten gefesselt - in den legendären Vorlesungen des Jean-Martin Charcot öffentlich zur Schau gestellt und mit grausamen Experimenten gequält werden - Frauen aus den Armenvierteln von Paris, denen die zu dieser Zeit populäre Diagnose „Hysterie“ gestellt wird.

Eine der Patientinnen ist die 9-jährige Runa, an der er den ersten psychochirurgischen Eingriff am Gehirn eines lebenden Menschen vornehmen möchte, um später seine in der Psychiatrie leidende Geliebte Pauline Bleuler heilen zu können. Runa jedoch widersetzt sich allen Therapien und verweigert jede Art der Kommunikation.

Zur selben Zeit ermittelt der ehemalige Polizeiinspektor Lecoq in mehreren ungeklärten Todesfällen, in deren Zusammnenhang er auf rätselhafte Kritzeleien stößt, deren Entschlüsselung ihn und Jori bis in die Katakomben unter Paris führen, wo die beiden grässliche Experimente, die von Ärzten der Salpêtrière an Kindern durchgeführt wurden, aufdecken.

Rezeption

Vera Bucks Debut wurde äußerst positiv aufgenommen. Gelobt wurde die bildhafte Sprache, sowie die nüchterne aber schonunglose Beschreibung des Grauens der Geschichte. Aber auch die Spannung, die sich durch die Konstellationen der Charaktere einerseits, und die zwischenmenschlichen Missverständnisse und Probleme andereseits, ergeben, wurde hervorgehoben. Der Roman wirkt mit seiner nachvollziehbaren Handlung glaubhaft.

„Die Sprache hingegen ist weitgehend souverän, und die Bilder sind stark.“

Thomas Widmer: Züricher Tagesanzeiger[1]

„Vera Buck erzählt die Handlung aus verschiedenen Perspektiven und spätestens, wenn noch im letzten Drittel des Buches neue Personen mit neuem Insiderwissen und neuen subjektiven Perspektiven eingeführt werden, bekommt man das Gefühl, etwas weniger an Umfang und Krimiambition wäre mehr gewesen, zumal der Text sprachlich streckenweise leicht bieder gerät. Das tut dem großen Pluspunkt des Romans jedoch keinen Abbruch: dem präzisen Einblick in die Frühzeit der Neurochirurgie, den die Autorin gewährt. Die Ausläufer der Brutalitäten, die Vera Buck so schonungslos schildert, reichten nach ihrem schrecklichen Höhepunkt unter der Nazi-Herrschaft immerhin bis weit in die 1970er Jahre, als die Psychiatrie sich endlich einer bürgerrechtlichen Grundsatzdiskussion stellen musste, die bis heute andauert. Die Anfänge dieses Grauens schildert Vera Buck detailreich und ohne Übertreibung – das macht ihr Buch trotz seiner Mängel so packend.“

Susanne Billig: Deutschlandfunk Kultur[2]

„Dazu kommt eine Vielzahl von weiteren Figuren, die nahezu alle detailreich und umsichtig ausgearbeitet sind. Es ist augenscheinlich, dass die Autorin sich darum bemüht hat, keine Figuren einzubauen, die in ein schwarz-weiß-Schema passen könnten. Dieses Bemühen zahlt sich aus. [...] Vera Buck ist ein großartiges Debüt gelungen, das ein Kapitel in der Geschichte der Menschen beleuchtet, das mit Menschlichkeit wenig zu tun hat. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und konfrontiert die Leser mit einem namenlosen Schrecken. Dabei erzählt sie eine Geschichte, die stimmig ist und von einer überzeugenden Erzählkraft der Autorin zeugt.“

Rita Dell'Agnese: histo-couch.de[3]

„"Runa" ist ein Buch, das, ähnlich wie die Varietépraxis des Doktor Charcot, zugleich fasziniert und abstößt - vor allem Frauen, die sich unweigerlich in die Opfer der Nervenärzte hineindenken werden. Aber die Geschichte ist sorgfältig recherchiert, gut erzählt und hat auch mit 600 Seiten keine wesentlichen Längen. Ein beachtliches Debüt.“

Christiane Irrgang: NDR Kultur[4]

Ausgaben

Siehe auch

Verweise

  1. https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/bellevue/das-zeitalter-der-eierstockpresse/story/25131564
  2. https://www.deutschlandfunkkultur.de/vera-buck-runa-dunkles-geheimnis-im-kopf.950.de.html?dram:article_id=329539
  3. https://www.histo-couch.de/titel/5134-runa/
  4. https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Vera-Buck-Runa,runa102.html