Amtsgericht Charlottenburg

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Amtsgerichtsgebäude Charlottenburg (2015)

Das Amtsgericht Charlottenburg ist das für den Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in Zivilsachen sowie Verbraucherinsolvenzverfahren zuständige Amtsgericht. Darüber hinaus ist das Gericht zentrales Registergericht für das Land Berlin, in dem die Handels-, Partnerschafts-, Vereins- und Genossenschaftsregister für Berlin geführt werden. Es ist außerdem zuständig für die Durchführung von Insolvenzverfahren in Berlin, insbesondere für Unternehmens- und Regelinsolvenzen für natürliche Personen, also ehemalige Selbstständige.[1] Übergeordnet sind das Landgericht Berlin und das Kammergericht.[2]

Das Amtsgericht an der Kantstraße entstand am 1. Oktober 1879, als das Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft trat.[3] Es war dem Landgericht Berlin II und dieses dem Berliner Kammergericht nachgeordnet. Mit fünf Richterstellen (Stand: 1880) war es das zweitgrößte Amtsgericht im Landgerichtsbezirk.[4] In den Jahren ab 1903 erhielt das Justizgebäude einen Erweiterungsbau an der Ecke Tegeler Weg/Osnabrücker Straße. Der erste Teil des Neubaus sollte sich nur entlang des Tegeler Wegs erstrecken, eine Baufläche war für spätere Erweiterungen vorgesehen. Das ausgeführte Bauwerk wurde im neoromanischen Baustil mit großem repräsentativen Treppenhaus angelegt. Die Fassade aus unregelmäßig geschichtetem Werkstein beherrschte das Äußere des Gebäudes.[5] Dieser Teil des Amtsgerichts Charlottenburg wurde nach dem Krieg zum Landgericht Berlin umgewidmet. Im Jahre 1899 wurde das Amtsgericht Charlottenburg dem Landgericht Berlin III zugeteilt. Mit der Zusammenlegung der Berliner Landgerichte kam das Amtsgericht Charlottenburg 1933 zum Landgericht Berlin.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gerichtsorganisation kurzfristig neu geordnet. Die sowjetische Besatzungsmacht richtete in jedem Bezirk von Berlin ein Bezirksgericht ein. Entsprechend entstand zum 1. Juni 1945 das Bezirksgericht Charlottenburg. Dabei verkleinerte sich der Gerichtssprengel, da auch ein Bezirksgericht Wilmersdorf gebildet wurde. Die Bezirksgerichte erhielten später die Bezeichnungen Amtsgericht. Auf ihrer zw��lften Sitzung beschloss die Alliierte Kommandantur am 27. September 1945 die Gerichtsstruktur der besetzten Stadt. Es gab eine Rückkehr zu der traditionellen Aufteilung mit drei Instanzen; es wurden wieder zwölf Amtsgerichte gebildet. Das Amtsgericht Wilmersdorf wurde aufgelöst und dem Amtsgericht Charlottenburg angegliedert.[6]

Im Amtsgericht waren im Jahr 2003 rund 450 Mitarbeiter, davon 55 Richter im Dienst.[7] Im Jahre 2021 gab es 378 Mitarbeiter, davon 58 Richter.[8]

Das unter Denkmalschutz stehende Gerichtsgebäude nimmt den gesamten Block zwischen dem Amtsgerichtsplatz, der Holtzendorffstraße, der Witzlebenstraße und der Suarezstraße ein. Sein ältester Teil wurde 1895–1897 von Poetsch und Clasen im Stil des Neobarock (nach Vorbild des märkischen Barock) für die damaligen Zivilabteilungen am Amtsgerichtsplatz nahe der Kantstraße erbaut. In den Jahren von 1915 bis 1921 wurde es von dem Architekten Schulz erweitert.[9] Das verputzte Gebäude mit Sockel aus schlesischem Granit und Hauptportal mit dreiachsigem Mittelrisalit umschließt einen geräumigen Innenhof.[10]

Strafgericht an der Kantstraße
Ehemaliges Strafgericht, Kantstraße 79

Für die damaligen Strafabteilungen des Gerichts wurde 1896/1897 nach Entwurf von Adolf Bürckner und Eduard Fürstenau auf dem Grundstück Kantstraße 79 ein Nebengebäude (Außenstelle Kantstraße) im Neorenaissancestil mit angeschlossenem Gefängnisbau im Blockinneren errichtet,[11] das bis 2010 wechselnd genutzt (u. a. Grundbuchamt, zuletzt Nachlassabteilungen) und dann zwecks Veräußerung der Liegenschaft für die gerichtliche Nutzung aufgegeben wurde.[12]

Der Gefängnistrakt wurde mit roten Verblendern und reichhaltigem Bauschmuck als Vollzugsanstalt für weibliche Jugendliche ausgeführt. Das Gefängnis war zwischen 1933 und 1945 mit Regimegegnern, ab 1939 ausschließlich mit Frauen belegt. In den Jahren von 1942 bis 1945 wurde das Gefängnis von der Fürsorgerin Änna Wieder geleitet, die dafür bekannt war, dass sie die Frauen menschlich behandelte und Vergünstigungen gewährte.[13]

  • Ute Nitsch: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z – …ein Lexikon. Textpunkt Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-936411-80-8.
  • Karl Ernst Rimbach: 250 Jahre Charlottenburg. Festschrift aus Anlaß des Stadtjubiläums. Bezirksamt Charlottenburg Berlin (Hrsg.), Arbeitsgemeinschaft Rimbach & Poser, Berlin-Charlottenburg 1955.
Commons: Amtsgericht Charlottenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Amtsgericht Charlottenburg: Zuständigkeiten des Amtsgerichts Charlottenburg. Erweiterte Zuständigkeit. In: online. 2020, abgerufen am 4. Februar 2020.
  2. In der Funktion eines Oberlandesgerichtes
  3. RGBl. S. 41.
  4. Carl Pfaffenroth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung. 1880, S. 395 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. Die im Bau begriffenen Gerichtsbauten in Berlin und in den Vororten. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nr. 75, 1903, S. 465–466 (zlb.de – 2. Fortsetzung: hier zu den Amtsgerichten Wedding, Mitte und Charlottenburg mit Grundrissdarstellungen und Baudetails).
  6. Friedrich Scholz: Berlin und seine Justiz: die Geschichte des Kammergerichtsbezirks 1945 bis 1980. 1982, ISBN 978-3-11-008679-9, S. 9 ff. (books.google.se).
  7. Hainer Weißpflug: Amtsgericht Charlottenburg. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2005, ISBN 3-7759-0479-4 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
  8. Daten zum Amtsgericht Charlottenburg, abgerufen am 24. Februar 2021.
  9. Eintrag 09096085 in der Berliner Landesdenkmalliste
  10. Amtsgericht Charlottenburg. In: berlin.de. 19. Oktober 2014, abgerufen am 4. Februar 2020.
  11. Eintrag 09096235 in der Berliner Landesdenkmalliste
  12. Gefängnis zu verkaufen.@1@2Vorlage:Toter Link/www.berliner-zeitung.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juli 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Berliner Zeitung vom 26. Mai 2010.
  13. Ehemaliges Strafgericht Charlottenburg. In: berlin.de. 5. Oktober 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Januar 2018; abgerufen am 8. Januar 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin.de

Koordinaten: 52° 30′ 22,5″ N, 13° 17′ 42,9″ O