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Stefan Schnoor "Tägliche Sprüche nervten"

Defensivspieler Stefan Schnoor, 29, wechselte diese Woche von Derby County zum VfL Wolfsburg. Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE berichtet der frühere Hamburger, dass die Vergabe der WM 2006 an Deutschland seine Karriere in England beendete.
Von Till Schwertfeger
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

SPIEGEL ONLINE:

Für die meisten Profis ist England ein Fußball-Paradies. Warum verlassen Sie es?


Stefan Schnoor: Sagen wir mal so, das deutsch-englische Verhältnis war nicht mehr das beste, nachdem Deutschland den Zuschlag für die WM 2006 bekam. Seitdem hat sich das Verhalten des Derby-Teammanagers mir gegenüber geändert und zwar so, dass ich nicht mehr vernünftige Leistungen bringen konnte.


SPIEGEL ONLINE: Sie wurden nicht mehr berücksichtigt?


Schnoor: Das nicht. Ich habe gespielt. Aber er hat mich täglich mit irgendwelchen Sprüchen genervt. Zum Beispiel, dass die Deutschen beim 1:0 in Wembley nur Glück gehabt und den Sieg überhaupt nicht verdient hätten. All solche Dinge. Das fand ich nicht so prickelnd.


SPIEGEL ONLINE: Derby ist Vorletzter in der Premier League. Hat nicht auch der ausbleibende sportliche Erfolg seinen Teil dazu beigetragen?


Schnoor: In meiner ersten Saison haben wir immerhin im Uefa-Cup gespielt. Danach hatten wir Probleme. Diese Saison sah es auch nicht gerade gut aus. Aber das war nicht der Hauptgrund.


SPIEGEL ONLINE: Was unterscheidet die Premier League von der Bundesliga?


Schnoor: In England wird weniger trainiert. Die Spieler sagen: Wir müssen unsere Kräfte fürs Spiel sparen. Dann geben sie aber am Spieltag auch wirklich Vollgas. Außerdem ist die Vorbereitung viel lockerer. In der Kabine wird Musik gehört, telefoniert, Pferdewetten werden abgeschlossen.


SPIEGEL ONLINE: Wie ist es in den Stadien?


Schnoor: Dort herrscht eine ganz andere Atmosphäre. Die Zuschauer singen viel mehr als in Deutschland. Und die Gastmannschaft wird nie ausgepfiffen oder angepöbelt.


SPIEGEL ONLINE: Gibt es Fairplay auch auf dem Platz? Liverpools Markus Babbel hat gesagt, bei einigen Zweikämpfen habe er anfangs die Augen geschlossen, so schlimm habe das ausgesehen.


Schnoor: Es wird härter gespielt als in Deutschland, doch das ist keine Klopperei oder Treterei. Es geht zwar hart zur Sache, aber niemand wird absichtlich verletzt. Die Schiedsrichter pfeifen in England seltener. Daran muss man sich ganz schnell gewöhnen, sonst sieht man schlecht aus.


SPIEGEL ONLINE: Welchen Ruf haben deutsche Fußballer in England? Jürgen Klinsmann wurde anfangs als "Diver" verhöhnt.


Schnoor: Wenn man in einem fremden Land ist, muss man sich den Gepflogenheiten dort anpassen. Deutsche Spieler werden mittlerweile für ihre Einstellung, besonders aber für ihren Siegeswillen geschätzt.


SPIEGEL ONLINE: Wolfsburg ist nicht gerade die erste Adresse im deutschen Fußball. Was spricht für Ihren Wechsel?


Schnoor: Dass es gute Möglichkeit gibt, dass Wolfsburg zu einer der ersten Adressen wird. Der VfL hat eine sehr gute Mannschaft und viel Potenzial mit dem neuen Stadion, das 2002 kommt, und dem Sponsor VW.


SPIEGEL ONLINE: Wie kam der Wechsel genau zu Stande?


Schnoor: Vor etwa drei Wochen ging das los. Brian O´Neil wollte ja unbedingt wieder nach Großbritannien. Da hat der Derby-Boss ihn beobachten lassen und wollte ihn dann haben. Nach Verhandlungen mit Wolfsburg hat er mich gefragt, ob ich mit einem Tausch einverstanden wäre.


SPIEGEL ONLINE: Sie sind noch im besten Fußball-Alter. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?


Schnoor: Ich will zuerst in der Bundesliga wieder Fuß fassen und mich dann mit Wolfsburg für den Uefa-Cup qualifizieren.


SPIEGEL ONLINE: Der VfL hat Sie als "vielseitigen Defensivspieler" vorgestellt. Haben Sie eine Lieblingsposition?


Schnoor: Mir ist egal, auf welcher Position ich spiele. Für mich ist nur wichtig, dass ich bei jedem Anpfiff dabei bin.


SPIEGEL ONLINE: Sie sind gebürtiger Schleswig-Holsteiner, haben vor Ihrer Zeit in England beim HSV gespielt. Entspricht es Ihrer Mentalität, dass Sie wieder in Norddeutschland gelandet sind?


Schnoor: Wie der Transfer gelaufen ist, ist das natürlich Zufall. Aber ich passe schon wirklich am besten in den Norden.


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