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Weltwirtschaftskrise: Die Welt gerät ins Taumeln

Wie kam es zum New Yorker Börsencrash?

Der Börsenkrach wurde durch wildes Spekulationsfieber ausgelöst, das zu einer völligen Überbewertung der Aktienwerte führte. Nach dem Ersten Weltkrieg waren die USA stärkste Wirtschaftsmacht der Welt. Unter den republikanischen Präsidenten Warren G. Harding (1921–1923) und Calvin Coolidge (1923–1929) kehrten die USA in den 1920er Jahren zum ungehemmten Wirtschaftsliberalismus zurück und erlebten einen ungeheuren Aufschwung, der zur Bezeichnung »Roaring Twenties« (Wilde Zwanziger) führte. Rationalisierungsmaßnahmen ließen die Preise sinken sowie die Realeinkommen und den allgemeinen Lebensstandard steigen.

Ein breites Spekulationsfieber setzte ein: Aktien wurden massenweise auf Kredit erworben. Mit der am tatsächlichen Bedarf vorbeigehenden Produktionsausweitung kam es zur Überproduktion und zu Aktienkursen, die nicht mehr die reale Situation in der Wirtschaft spiegelten. Mit der Neubewertung sanken die Aktienkurse und darauf folgende Massenverkäufe ließen die Wertpapiere zwischen dem 23. und 29. Oktober 1929 (mit dem größten Kurssturz am 25. Oktober, dem Schwarzen Freitag) an der New Yorker Börse ins Bodenlose fallen. Dabei büßten die Aktien bis zu 90% ihres Wertes ein. Die US-Wirtschaft brach zusammen, Banken und Unternehmen gingen in Konkurs, Millionen Amerikaner verloren ihre Ersparnisse. 1932 gab es in den USA 12 Mio. Arbeitslose, die Quote war 1929–1932 von 3,2% auf 23,6% gestiegen.

Warum breitete sich die Krise nach Europa aus?

Die Zahlungsunfähigkeit amerikanischer Großbanken und deren weltweite Kreditverbindungen machten die nationale Wirtschaftskrise schnell auch zu einer europäischen. Auslandskredite wurden gekündigt. Besonders verheerend wirkte sich die Krise auf Deutschland aus, wo der wirtschaftliche Aufschwung von 1924 bis 1929 wesentlich durch kurzfristige amerikanische Kredite finanziert worden war, welche die Banken vielfach langfristig weitergegeben hatten. Die Großbanken waren dabei in ihrer expansiven Kreditpolitik oft riskante Spekulationen mit Wertpapieren eingegangen, die nicht ausreichend durch Eigenkapital und liquide Mittel abgesichert waren.

Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

In den meisten Staaten wurde zunächst versucht, der Krise durch wirtschaftlichen Nationalismus, protektionistische Maßnahmen wie Drosselung der Einfuhr, Steigerung der Ausfuhr und Beschränkung der Staatsausgaben (Ideal des ausgeglichenen Haushalts) beizukommen. So sollte eine zurückgefahrene Produktion wieder der vorhandenen Kaufkraft angeglichen und damit die Voraussetzungen für einen neuen Aufschwung geschaffen werden. Auch US-Präsident Herbert Clark Hoover (1929–1933) setzte auf diese Strategie.

Was war der New Deal?

Damit ist ein Reformprogramm gemeint, mit dem der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt (1933–1945) unter dem Schlagwort »New Deal« (Neue Vereinbarung) die Wirtschaftspolitik neu ausrichtete. Die wichtigsten Maßnahmen waren: 1. Konsolidierung der Börse und des Bankwesens durch staatliche Garantien zur Sicherung des Kreditsystems, 2. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Form von großen staatlichen Aufträgen, 3. staatliche Subventionszahlungen für den Abbau der landwirtschaftlichen Überproduktion, 4. Reorganisation der Industrie mit Regelung des Wettbewerbs durch Einführung von Mindestlöhnen, festen Arbeitsbedingungen und -zeiten, 5. sozialpolitische Maßnahmen wie Einführung einer Arbeitslosen- und Altersversicherung und freiwillige Arbeitsdienste.

Wussten Sie, dass …

die Weltwirtschaftskrise (Große Depression) traumatische Auswirkungen hatte? Von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession 1932 sanken die weltweite Industrieproduktion um 62% und das Welthandelsvolumen um 25%.

der deutsche Warenexport, eine wichtige Säule der Wirtschaft, im selben Zeitraum von 13,5 Mrd. auf 5,7 Mrd. Reichsmark sank?

die Krise in manchen Ländern erst mit der militärischen Aufrüstung in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre überwunden wurde?

Was besagt die Wirtschaftstheorie von John Maynard Keynes?

Der britische Nationalökonom vertrat die Meinung, dass der Staat die Wirtschaft durch Investitionen ankurbeln müsse. Bekannt wurde er durch Kritik am Versailler Vertrag: »Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages« (Economic Consequences of the Peace, 1919). Mit der »Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes« (The General Theory of Employment, Interest and Money, 1936) schrieb er ein grundlegendes Werk. Keynes war der Ansicht, die Leistungsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems ließe sich nur dann erhalten, wenn der Staat die öffentlichen Ausgaben steigert. Dabei solle er in Krisensituationen auch vor Schulden nicht zurückschrecken (deficit spending). Die sich selbst überlassene freie Wirtschaft führe auf Dauer zu Unterbeschäftigung, da der Verbrauch nicht so schnell wachse wie das Einkommen: Es werde zwar mehr gespart, aber Nachfrage und Investitionen stagnierten.

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