Der Verdingbub
Der Verdingbub ist ein Spielfilm des Schweizer Regisseurs Markus Imboden aus dem Jahr 2011. Die Handlung spielt zu Beginn der 1950er Jahre und schildert das Leben von zwei Verdingkindern im Emmental.
Film | |
Titel | Der Verdingbub |
---|---|
Produktionsland | Schweiz |
Originalsprache | Schweizerdeutsch |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Länge | 107 Minuten |
Altersfreigabe | |
Stab | |
Regie | Markus Imboden |
Drehbuch | Plinio Bachmann, Jasmine Hoch (Mitarbeit) |
Produktion | Peter Reichenbach, Claudia Schröder |
Musik | Ben Jeger |
Kamera | Peter von Haller |
Schnitt | Ursula Höf |
Besetzung | |
|
Die Filmpremiere fand am 25. Oktober 2011 in Bern statt. Kinostart war am 3. November 2011. Mit über 200.000 Zuschauern war er nach neun Wochen der erfolgreichste Schweizer Spielfilm seit Die Herbstzeitlosen.[2] In Deutschland startete der Film in hochdeutscher Synchronfassung am 25. Oktober 2012 in den Kinos.
Handlung
BearbeitenDas 12-jährige Waisenkind Max wird aus einem Kinderheim unter Vermittlung des Dorfpfarrers an die Bauernfamilie Bösiger im Emmental verdingt. Dort nimmt er den Platz eines Verdingbuben ein, der kurz zuvor unter ungeklärten Umständen verstarb. Max muss auf dem wenig ertragreichen Bauernhof hart arbeiten. Nachdem ein weiteres Verdingkind auf dem Hof untergebracht wird, das 15-jährige Mädchen Berteli, kommt es zu Spannungen zwischen den beiden Kindern. Zunehmend wendet sich Max indessen mit freundschaftlichen Gefühlen Berteli zu.
Die Gersteernte fällt schlecht aus und die Kartoffeln faulen auf dem Acker. Der Bauer verfällt dem Alkohol. Von den Bauersleuten wird Max körperlich misshandelt; er wird beim geringsten Anlass geohrfeigt oder mit dem Gürtel ausgepeitscht. Er muss im Schweinestall schlafen. Einzig das Spiel auf seiner Handorgel verschafft ihm Anerkennung und gibt ihm Lebensfreude.
In der Schule fallen der Lehrerin die Spuren der körperlichen Misshandlungen auf. Sie setzt sich beim Gemeindepräsidenten und dem Pfarrer für Max ein, worauf allerdings sein Leben bei der Bauernfamilie nur noch schwieriger wird. Nachdem er im Radio einen auf einem Bandoneon gespielten Tango hört, ist er von Argentinien völlig fasziniert.
Auch der Bauerssohn Jakob beschimpft und schlägt Max. Nachts dringt er in die Kammer von Berteli ein und vergewaltigt sie regelmässig. Als sie schwanger wird, zwingt die Bäuerin sie, eine Flüssigkeit zu trinken, die zu einer Fehlgeburt in der gleichen Nacht führt. Am nächsten Morgen wird die Leiche des Mädchens in der Jauchegrube des Hofs gefunden.
Bei der polizeilichen Untersuchung beteuert die Bäuerin, nur das Beste für das Mädchen gewollt zu haben, bis der Bauer dem Polizisten die Flasche mit der Aufschrift «Rizinusöl» übergibt. Dieser riecht an der Flasche und sagt bedeutungsvoll, dass eine Untersuchung der Vorfälle nötig sei. Max sagt, er habe die Bäuerin in der betreffenden Nacht mit blutiger Wäsche im Haus gesehen.
Max will nicht mehr auf diesem Hof bleiben. In der nächsten Nacht bricht er auf. Ein Störmetzger (Schlachtknecht) im Dorf, selber ein ehemaliger Verdingbub, gibt ihm zu essen und hört ihm beim Handorgelspielen zu. Die zwanzig Franken, die er Max gibt, reichen für dessen Fahrt nach Basel, von wo aus er auf einem Rheinschiff bis an die Nordsee fährt. Dort heuert er auf einem Schiff an, das ihn nach Argentinien bringen soll. Im gedanklichen Gespräch mit Berteli erzählt er ihr, dass er an Bord hart arbeiten müsse, aber nicht geschlagen werde. Beim Essen sässen alle zusammen und jeder bekomme die gleichen Speisen wie der Kapitän.
In der Schlussszene gibt Max im hohen Alter als Bandoneonspieler auf einer Bühne ein Konzert.
Kritiken
Bearbeiten
«… ein stilles, klares Drama, das in den fünfziger Jahren spielt und einer Reihe von Katastrophen mit der Unerbittlichkeit eines Uhrwerks entgegentickt. … So reihen sich denn die Szenen für den Zuschauer in diesem Anti-Heimatfilm – der an die sozialkritischen Schweizer Dramen der achtziger Jahre erinnert – bald zu einem Parcours von psychischen Faustschlägen, bis einem ganz stumpf ums Herz wird.»
«In dunklen Farben schildert Regisseur Markus Imboden […] die Freudlosigkeit und Armut auf dem Bauernhof der Bösigers. Dabei werden die Eheleute nicht diffamiert, sondern es wird aufgezeigt, wie sie einerseits durch Not und ständigen Verzicht so hart geworden sind, andererseits aber auch ihre Sozialisation verhindert, das Leben in die Hand zu nehmen und den Kreislauf von Ungerechtigkeit, Demütigungen und Gewalt zu durchbrechen. So wie sich Max und Berteli in ihrer Abhängigkeit befinden, sind sie auch selbst einander ausgeliefert. Beeindruckend und wahrlich überzeugend werden die Bauersleute von Stefan Kurt und Katja Riemann gespielt.»
Auszeichnungen
Bearbeiten- Prix Walo 2011 in der Kategorie beste Filmproduktion[5]
- Bayerischer Filmpreis 2012: Nachwuchsdarstellerpreis an Lisa Brand
- Schweizer Fernsehpreis 2012 in der Kategorie: Bester Film
Theateradaption
BearbeitenPlinio Bachmann adaptierte mit Barbara Sommer sein Filmdrehbuch für das Stadttheater Bern; die Uraufführung des Schauspiels Verdingbub fand am 15. Oktober 2017 statt.[6]
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Offizielle Website
- Der Verdingbub bei IMDb
- Der Verdingbub bei filmportal.de (mit Trailer und Fotogalerie)
- Der Verdingbub bei swissfilms.ch
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Freigabebescheinigung für Der Verdingbub. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Juni 2012 (PDF; Prüfnummer: 133 577 K).
- ↑ Der Verdingbub: Über 200'000 Besucher in neun Wochen. 13. Januar 2012, abgerufen am 12. Februar 2012.
- ↑ Das höchste Quantum an Tränensalz. In: NZZ Online. 3. November 2011, archiviert vom am 8. November 2011; abgerufen am 12. Februar 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ DER VERDINGBUB. Top-Videonews. Herausgeber: Kinder- und Jugendfilmzentrum im Auftrag des BMFSFJ.
- ↑ Prix Walo Ausgabe 2012 mit erwarteten Gewinnern. ( vom 16. Juni 2012 im Internet Archive) In: Schweizer Fernsehen vom 13. Mai 2012
- ↑ Verdingbub. www.konzerttheaterbern.ch, abgerufen am 16. Oktober 2017.