Georg Mascolo
Georg Mascolo (* 26. Oktober 1964 in Stadthagen) ist ein deutsch-italienischer Journalist und Publizist. Er war von 2008 bis 2013 Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Von 2014 bis 2022 leitete er den neu geschaffenen Rechercheverbund des NDR, des WDR und der Süddeutschen Zeitung.[1] Außerdem war er für die ARD als Terrorismusexperte tätig.[2]
Leben und berufliche Laufbahn
BearbeitenMascolo ist Sohn einer deutschen Mutter und eines aus Castellammare di Stabia am Golf von Neapel stammenden promovierten italienischen Germanisten. Nach seiner Berufsausbildung zum Rechtsanwalts- und Notargehilfen absolvierte er ein Volontariat bei seinem Heimatblatt Schaumburger Zeitung.[3]
Als freier Mitarbeiter beim privaten Radiosender FFN recherchierte er über die Spielbank-Affäre in Hannover und bekam so Kontakt zu Stefan Aust, der ihn 1988 zu Spiegel TV holte. Unter anderem berichtete Mascolo über die Ereignisse um den Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung.[4] Mit den Kameraleuten Rainer März und Germar Biester berichtete er von der Ostseite des Berliner Grenzübergangs Bornholmer Straße über den historischen Moment, als die DDR-Grenzer ohne Befehl den Schlagbaum öffneten.[5] Die Reportage stellt ein Dokument der Zeitgeschichte dar und wurde von der UNESCO ins Weltdokumentenerbe aufgenommen.[6]
1992 wurde Mascolo stellvertretender Leiter des Berliner Büros des Spiegel und im Jahr 2000 Leiter des Ressorts „Deutschland II“, bevor er ab 2004 als politischer Auslandskorrespondent in den USA tätig war. 2007 wurde er gemeinsam mit Dirk Kurbjuweit zum Leiter des Berliner Hauptstadtbüros berufen.[7]
Mascolo wurde am 5. Februar 2008 gemeinsam mit Mathias Müller von Blumencron Chefredakteur des Spiegel, wobei die Verantwortung für die Printausgabe wöchentlich wechselte.[8] Am 21. Februar 2011 übernahm er die alleinige Verantwortung für die Printausgabe.[9] Nachdem bereits im Vorfeld Gerüchte über fortgesetzte Zwistigkeiten zwischen den seit Jahren rivalisierenden Chefredakteuren kursiert hatten,[10] wurden beide Chefredakteure schließlich am 9. April 2013 mit sofortiger Wirkung abberufen.[11]
Am 31. Oktober 2013 sprach Mascolo in Moskau zusammen mit dem Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele mit Edward Snowden über dessen Enthüllungen in der NSA-Affäre.[12]
Von 2014 bis 2022 leitete Mascolo den neu geschaffenen Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.[13][14] Für diese Arbeit wurde er 2014 in der „Kategorie Politik“ als Journalist des Jahres ausgezeichnet, weil er sein „ganzes Talent als herausragender Rechercheur“ gezeigt und „in der Rolle des sachkundigen, unaufgeregten Analytikers der Rechercheergebnisse in etlichen politischen (TV-) Diskussionen“ geglänzt habe.[15]
Krieg der Worte
BearbeitenZum Thema Krieg der Worte – Fakt, Fake und die neue Macht der Lüge forderte Mascolo im Juni 2017 in einem Vortrag im Rahmen der Tübinger Mediendozentur an der Universität Tübingen Journalisten auf, Fehler zuzugeben und Falschmeldungen zu korrigieren. Er habe sich dieser Verpflichtung der längsten Zeit seines Berufslebens entzogen wie die meisten anderen Journalisten auch, zitiert Kristine Keck ihn in der Stuttgarter Zeitung. Journalisten hätten die Bedrohung ihrer Glaubwürdigkeit zu lange ignoriert. In seiner Darstellung von Fake News und Propagandatechniken betonte Mascolo außerdem die Stärkung der Rolle des Staates und gleichzeitig die Verantwortung der Internetkonzerne wie der Medien.[16]
Mitgliedschaften und Funktionen
Bearbeiten- Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche[17]
- Mitglied im Kuratorium von Reporter ohne Grenzen[18]
- Dean der Bucerius Summer School on Global Governance[19]
- Mascolo ist Mitglied der Organisation Atlantik-Brücke[20] sowie
- Mitglied der „Core Group“ der Münchner Sicherheitskonferenz.[20]
Privates
BearbeitenMascolo besitzt sowohl die deutsche als auch die italienische Staatsangehörigkeit.[21] Er ist mit der Stern-Autorin Katja Gloger verheiratet und hat erwachsene Zwillingstöchter.[22]
Zitate
Bearbeiten„Journalismus ist unverzichtbar in der Demokratie, er liefert den Menschen die Informationen die sie benötigen, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Informieren, nicht missionieren, ist der Auftrag. Zugang zu verlässlichen Informationen ist ein Grundrecht und nicht weniger wichtig als der Zugang zu guter Bildung, Gesundheitsversorgung oder sauberem Wasser.“[23]
„Beschäftigen Sie sich mit Positionen und Meinungen, die Sie nicht teilen. Heute ist es einfach, unter sich zu bleiben, immer in der eigenen Echokammer. Aber es ist notwendig und gut, sich mit jenen auseinanderzusetzen, die man am wenigsten versteht. Die Demokratie ist kein Schützengraben. Sie lebt davon, daß wir uns zuhören.“[24]
Schriften
Bearbeiten- Krieg der Worte. Fakt, Fake und die neue Macht der Lüge. Entstanden im Rahmen der Tübinger Mediendozentur, Tübingen 2017.
- Ausbruch: Innenansichten einer Pandemie - Die Corona-Protokolle. Mit Katja Gloger. Piper Verlag, München 2021, ISBN 978-3-492-99903-8.
- mit Christian Drosten: Alles überstanden? Ein überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird. Berlin 2024, ISBN 9783550203022.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Georg Mascolo im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Georg Mascolo bei IMDb
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Exklusiv: Georg Mascolo gibt Leitung des Rechercheverbunds von SZ, NDR, WDR auf kress.de, 11. Oktober 2021, abgerufen am 28. Oktober 2022.
- ↑ Mascolo: Seit wann interessiert sich der IS für Ramstein? In: tagesschau.de. Archiviert vom ; abgerufen am 16. Juli 2024.
- ↑ Ulrike Simon: Interview mit Georg Mascolo: „Geheimnisbruch gehört dazu“. Archiviert vom am 7. April 2011; abgerufen am 26. Juli 2011.
- ↑ Georg Mascolo: Die Nacht, in der die Mauer fiel: „Wir fluten jetzt“. In: Spiegel Online, 5. November 2004.
- ↑ Dokumentarfilme – Der friedliche Umbruch in der DDR und der Mauerfall: Ode an die Freiheit. In: Chronik der Mauer.
- ↑ Petra Rösgen, Henrike Girmond, Johanna Sänger: Ausstellungseröffnungen: Und dann war die Mauer weg. In: Museumsmagazin online, Nr. 4/2010; Michael Hanfeld: Weltdokumentenerbe: Bilder, die uns allen etwas sagen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. August 2011.
- ↑ Erich Wiedemann: Der Fall Stefan Aust. Abgerufen am 1. März 2011.
- ↑ In eigener Sache: Blumencron und Mascolo neue Chefredakteure des Spiegel. In: Spiegel Online, 5. Februar 2008.
- ↑ Michael Hanfeld: Einsam an der Spitze. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. April 2013, abgerufen am 9. April 2013.
- ↑ Kai-Hinrich Renner: Paukenschlag beim „Spiegel“: Chefredakteure müssen gehen. In: abendblatt.de, 5. April 2013, abgerufen am 9. April 2013.
- ↑ In eigener Sache: Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron als Spiegel-Chefredakteure abberufen. In: Spiegel Online, 9. April 2013, abgerufen am 9. April 2013.
- ↑ Ströbele trifft Snowden in Moskau. ( vom 2. November 2013 im Internet Archive) In: Tagesschau.de, 31. Oktober 2013.
- ↑ Georg Mascolo wird Chef-Rechercheur In: Frankfurter Allgemeine, 24. Januar 2014
- ↑ Georg Mascolo gibt Leitung Rechercheverbund NDR, WDR, „SZ“ ab, 13. Oktober 2021
- ↑ Begründung der Jury vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014
- ↑ Georg Mascolo an der Tübinger Universität: Die Macht der Lügen. In: Stuttgarter Nachrichten. Abgerufen am 19. Mai 2019.
- ↑ Festschrift 20 Jahre Netzwerk Recherche. In: Netzwerk Recherche. 2021, abgerufen am 16. Juli 2024.
- ↑ Unser Kuratorium. In: Reporter ohne Grenzen. Abgerufen am 16. Juli 2024.
- ↑ IMPRINT. In: Bucerius Summer School on Global Governance. Abgerufen am 16. Juli 2024.
- ↑ a b http://www.acgusa.org/index.php?section=events&evtid=102
- ↑ Georg Mascolo im Munzinger-Archiv, abgerufen am 9. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
- ↑ Interview: Dagmar von Taube: Interview: "Kinder wollen ernst genommen werden". 29. November 2009, abgerufen am 19. Mai 2019.
- ↑ „Die Geschichte muss stimmen“. Abgerufen am 19. Mai 2019.
- ↑ „Demokratie lebt vom zuhören“. Abgerufen am 15. September 2021.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Mascolo, Georg |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-italienischer Journalist und ehemaliger Chefredakteur des Spiegel |
GEBURTSDATUM | 26. Oktober 1964 |
GEBURTSORT | Stadthagen |