Gravelrennen

Radrennen auf großteils unbefestigtem Untergrund

Gravelrennen (von englisch Gravel für Schotter) sind Radrennen auf großteils unbefestigtem Untergrund. Die gefahrenen Distanzen entsprechen in etwa dem der Straßenrennen. Im Gegensatz zu den deutlich kürzeren Crossrennen, die auf wenige Kilometer langen Rundkursen ausgetragen werden, sind Gravelrennen weniger technisch und erfordern während des Rennens im Allgemeinen kein Absteigen vom Rad.

Gravelrennen in Dänemark (Danmarksmesterskaberne i gravel 2023)

Geschichte

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Ursprung

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Die Wurzeln der Gravelrennen reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als bei der Erfindung des Fahrrades die meisten Straßen aus Kopfsteinpflaster und Schotter bestanden.[1] Auch die ersten Radrennen und die erste Austragung der Tour de France im Jahr 1903 führten größtenteils über Straßen aus Schotter. Im Zuge der Motorisierung und dem Ausbau asphaltierter Straßen, wechselte auch der Radsport auf den neuen Belag. Dennoch fuhren vereinzelte Fahrer gezielt weiter auf unbefestigten Straßen. Einer dieser Pioniere war der Brite Walter McGregor Robinson, der in der Zwischenkriegszeit in dem Journal Cycling über seine zahlreichen Ausfahrten auf unbefestigten Straßen schrieb.[2] Auch die Mitglieder des 1955 gegründeten Rough Stuff Fellowship mieden bei ihren Ausfahrten asphaltierte Straßen.[3] Neben den ersten Mountainbikes, die in den 1970er Jahren entwickelt wurden, nutzte man die sogenannten Touringbikes abseits der Straße.[4] In schwierigerem Gelände zeigten sich jedoch die Schwächen und Grenzen dieser Fahrräder. Besonders der Bike-Camping-Trend in den 1970er und 1980er Jahren hatte einen großen Einfluss auf die Entwickelung der modernen Gravelbikes.[5]

Professionalisierung

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Dirty Kanza 2020

Die ersten Gravelrennen fanden gegen Ende des 20. Jahrhunderts statt. Als Inspiration diente in erster Linie das Straßenrennen Paris–Roubaix, das bis heute zu einem Großteil über Kopfsteinpflasterabschnitte (Pavé) führt, die den besonderen Reiz dieses Rennens ausmachen. In Anlehnung an das französische Radrennen, das den Beinamen Hölle des Nordens trägt, veranstaltete der Winchcombe Cycle Club im Jahr 1984 eine Ausfahrt unter dem Namen Hell of the North Cotswolds. Anstelle von Kopfsteinpflaster, nutzte man unbefestigte Straßen um die Besonderheit des Rennens zu replizieren.[6][2] Auch in Nordamerika wurden mit Paris to Ancaster, im Jahr 1994, und Barry Roubaix, im Jahr 2009, ähnliche Rennen veranstaltet. Während Paris to Ancaster als Hommage am gleichen Tag wie Paris–Roubaix stattfand, entstand Barry Roubaix aus einer langen Trainingsausfahrt, die als Vorbereitung auf die Cyclocross-Saison diente.[7] Die Nähe der ersten Gravelrennen zu den europäischen Straßenklassikern lässt sich auch an der Geschichte des Belgian Waffle Ride festmachen, das im Jahr 2011 erstmals ausgetragen wurde. Der Erfinder Michael Marckx wollte einen belgischen Klassiker im North San Diego County veranstalten und führte die Straßenfahrer über kaum befahrbare Schotterwege. Im Laufe der Jahre setzte sich aufgrund des Terrains das Gravelbike gegenüber dem Rennrad durch.[8]

Der Aufstieg der Gravelrennen fand nach der Jahrtausendwende in den Vereinigten Staaten statt. Dies ist in erster Linie auch auf die zahlreichen Schotterstraßen zurückzuführen, die vor allem im Mittleren Westen zu finden sind. Während bei der ersten Austragung des Unbound Gravel (damals Dirty Kanza) im Jahr 2006 nur 34 Fahrer teilnahmen, stieg die Anzahl der Starter bis ins Jahr 2019 auf 2750, wobei die Startplätze aufgrund des großen Interesses mittlerweile per Losung vergeben werden. Aufgrund der steigenden Popularität entstanden neue Rennen und es kam zur Einführung und Erhöhung von Preisgeldern, was die Professionalisierung der Wettkämpfe begünstigte.[9] Während zunächst das Erlebnis und der Spaß im Mittelpunkt der Rennen standen, rückte nun auch der Leistungsaspekt in den Vordergrund. Neben ersten Stars, die sich in der Szene etablierten, sorgte das Straßenrad-Team EF Education-EasyPost im Jahr 2019 für Aufsehen als es mit Alex Howes, Taylor Phinney und Lachlan Morton drei Fahrer zum Dirty Kanza 2019 schickte.[10] Mit Peter Stetina, Ian Boswell und Laurens ten Dam verließen im Jahr 2021 die ersten Straßenfahrer ihre UCI WorldTeams um sich ganz auf die Gravelrennen zu konzentrieren.[11][12][13]

Innerhalb weniger Jahre entwickelten sich Gravelrennen zu einer Trendsportart und verbreiteten sich international. Konzipiert als Jedermannrennen, kommerzialisiert sich das Gravelrennen zunehmend, was von Anhängern teilweise kritisch gesehen wird. So treten neben ehemaligen Radrennfahrern inzwischen auch professionelle Straßenradrennfahrer und Mountainbikefahrer bei Gravel-Rennen an.[14][15]

Im September des Jahres 2019 kündigte der Internationalen Radsportverband (UCI) an, ab dem Jahr 2022 Gravel-Weltmeisterschaften auszutragen, bei denen die Sieger das aus anderen Disziplinen bekannte Regenbogentrikot erhalten sollen. Zudem wurde die UCI Gravel Word Series ins Leben gerufen, die im Jahr 2022 aus elf Rennen bestand und auf vier Kontinenten stattfand.[16][17] Seit 2023 gibt es Gravel-Europameisterschaften und deutsche Meisterschaften[18] sowie nationale Meisterschaften in mindestens 10 weiteren Ländern.[19]

Reglement

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Das Gravelrennen wurde vom Weltradsportverband Union Cycliste Internationale zum Jahresbeginn 2022 als eigenständige Radsportdisziplin anerkannt und reglementiert.[20] Es wurden mit der UCI Gravel World Series eine weltweite Rennserie und Gravel-Weltmeisterschaften etabliert.[21][22]

Dabei definierte die UCI Gravelrennen als Massenstartereignisse, die Elemente des Mountainbikesports mit Elementen des Straßenradsports verbinden. Zugelassen sind alle unmotorisierten Räder, also zum Beispiel Cyclocrossräder, Straßenrennräder und Gravelbikes. Die Strecke soll zwischen 50 und 200 Kilometern betragen und maximal 20 % asphaltierte Straßen beinhalten. Typisch sind Wald- und Wirtschaftswege, Schotterpisten und Kopfsteinpflaster. Wiesen, Gräser und Singletracks sollen vermieden werden.[22]

Seitens der UCI kursieren mehrere Versionen bestimmter Regeln. Artikel 15.3.005 in seiner ursprünglich publizierten Form verbot lediglich E-Bikes.[22] Unmittelbar vor den Gravel-Weltmeisterschaften 2023 publizierte die UCI eine neue Version der Regeln, in der zusätzlich Mountainbikes verboten wurden.[23] Im technischen Reglement der Weltmeisterschaften, die die geltenden Regeln zitieren, wurde der Anteil zulässiger Asphaltabschnitte in Artikel 15.3.002 auf 40 % hochgesetzt.[24]

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Commons: Gravelrennen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gravel History. Abgerufen am 15. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
  2. a b True Grit – the origins of gravel riding. 3. April 2022, abgerufen am 13. Oktober 2022 (englisch).
  3. Henk Francino: History & Beginnings of the RSF. Abgerufen am 13. Oktober 2022 (britisches Englisch).
  4. Gastautor: Wer hat´s erfunden? Mountainbiken - wie alles begann... 17. November 2013, abgerufen am 14. Oktober 2022 (deutsch).
  5. Gravel 101: Der ultimative Guide mit Colin Strickland. Abgerufen am 15. Oktober 2022.
  6. History – Honc. Abgerufen am 13. Oktober 2022.
  7. Luke Friend published Contributions from Anne-Marije Rook: The birth of gravel racing. 16. Juni 2022, abgerufen am 13. Oktober 2022 (englisch).
  8. Fred Dreier: Monuments of Gravel: Belgian Waffle Ride. In: VeloNews.com. 3. März 2020, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  9. Adam Becket published: This US gravel race has a prize fund of $50,000. 7. Januar 2022, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  10. Cycling News published: EF Education First ready to race off the beaten path at Dirty Kanza. 26. Mai 2019, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  11. Fred Dreier: Peter Stetina chooses gravel over WorldTour road racing. In: VeloNews.com. 6. November 2019, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  12. Ian Boswell: Auf der Suche nach neuen Grenzen | radsport-news.com. Abgerufen am 15. Oktober 2022.
  13. Fred Dreier: Laurens ten Dam is 'ready to rock and roll' at Unbound Gravel. In: VeloNews.com. 3. Juni 2022, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  14. Gravel: Professionalisierung einer Szene – Zahlen, Einblicke, Analysen. radsport-rennrad.de, abgerufen am 17. Oktober 2022.
  15. Sagan zur UCI-Gravel-WM: „Schotter-Rennen faszinieren mich“. radsport-news.com, 26. September 2022, abgerufen am 17. Oktober 2022.
  16. Cyclingnews published: UCI announces gravel series and official world championships. 22. September 2021, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  17. Calendar – UCI Gravel World Series. Abgerufen am 15. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
  18. Baum und Schiff holen sich Premieren-Titel. MTB-News, 15. September 2023;.
  19. 2023 Gravel National Champions Index. CyclingNews, 2. Oktober 2023; (englisch).
  20. The UCI innovates in the off-road disciplines. uci.org, 22. September 2021, abgerufen am 17. Oktober 2022 (englisch).
  21. The UCI launches worldwide series of gravel events. uci.org, 15. März 2022, abgerufen am 17. Oktober 2022 (englisch).
  22. a b c Part 15 – Cycling for all - Rules amendments applying on 01.01.2022. (PDF) In: uci.org. Abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  23. Part 15 – Cycling for all. Version on 01.01.2022. (DOCX) UCI, abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch, laut Dokumentinfo zuletzt am 6. Oktober 2023 bearbeitet.).
  24. Technical Guide Veneto 2023. S. 40, abgerufen am 9. Oktober 2023.