Aztreonam

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Strukturformel
Aztreonam Strukturformel
Allgemeines
Freiname Aztreonam
Andere Namen

(Z)-2-[({(2-Amino-4-thiazolyl)[(2S,3S)-2-methyl-4-oxo-1-sulfo-3-azetidinyl]carbamoyl} methylenamino)oxy]-2-methylpropionsäure

Summenformel
  • C13H17N5O8S2 (Aztreonam)
  • C13H17N5Na2O8S2 (Aztreonam-Dinatriumsalz)
Kurzbeschreibung

farbloses, geruchloses, kristallines Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 78110-38-0 (Aztreonam)
EG-Nummer 278-839-9
ECHA-InfoCard 100.071.652
PubChem 5742832
ChemSpider 4674940
DrugBank DB00355
Wikidata Q418546
Arzneistoffangaben
ATC-Code

J01DF01

Wirkstoffklasse

Monobactame

Eigenschaften
Molare Masse 435,43 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

227 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Aztreonam ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Monobactam-Antibiotika, der in der Behandlung von Infektionen mit gramnegativen aeroben Bakterien eingesetzt wird.

Anwendungsgebiete

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Aztreonam ist der erste Vertreter aus der Gruppe der Monobactame.[3] Er ist zur Behandlung von Infektionen mit entsprechend empfindlichen Erregern, wie etwa der Nieren, der ableitenden Harnwege, der unteren Atemwege, Meningitis, Infektionen der Knochen und Gelenke, von Haut und Weichteilgewebe und des Bauchraumes, in der Frauenheilkunde sowie bei Sepsis und Gonorrhoe angezeigt. Da die Bioverfügbarkeit nach oraler Verabreichung sehr gering ist (ca. 1 %) muss Aztreonam zur Behandlung systemischer Infektionen intravenös oder intramuskulär verabreicht werden.[3]

Eine heute bedeutsame Indikation ist die topische Behandlung chronischer Lungeninfektionen durch Pseudomonas aeruginosa bei Mukoviszidose-Patienten.[4] Der Wirkstoff wird dazu als Aztreonam-Lysinat[S 1] mittels Vernebelung einer Inhalationslösung eingesetzt.

Die fixe Kombination von Aztreonam mit Avibactam (Emblaveo) ist wirksam bei komplizierten Infektionen des Abdomens, der Harnwege und bei krankenhauserworbene Pneumonie, wofür in der EU im März 2024 die Zulassung empfohlen wurde.[5]

Unerwünschte Wirkungen

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Nebenwirkungen nach systemischer Anwendung sind gelegentlich gastroinstestinale Beschwerden, selten Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrtheit, Blutbildveränderungen, Gerinnungsstörungen und Nierenfunktionsstörungen, sehr selten pseudomembranöse Kolitis, Ikterus und Tinnitus.[6]

Gegenanzeigen und Warnhinweise

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Kontraindikation ist die Überempfindlichkeit gegen Aztreonam. Zu beachten ist die durch identische Seitenketten bedingte Gefahr einer Kreuzallergie bei Ceftazidim-Allergie. Zudem muss die Anwendung bei allergischer Reaktionsbereitschaft des Patienten vorsichtig erfolgen.[6]

Chemische Struktur

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Aztreonam mit dem blau markierten β-Lactamring.

Aztreonam enthält – wie die Penicilline und die Cephalosporine – einen β-Lactamring. Dieser ist jedoch – anders als bei den Penicillinen und den Cephalosporinen – nicht an einen fünf- bzw. sechsgliedrigen Heterocyclus anelliert.

Wirkungsmechanismus

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Aztreonam bindet an Penicillin-bindende Proteine empfindlicher Bakterien und hemmt dadurch die bakterielle Zellwandsynthese mit nachfolgender Filamentbildung und Zelllyse.

Aztreonam wird nicht durch Metallo-β-Lactamase(MBL)-produzierende Enterobacterales hydrolysiert. Es ist empfindlich gegenüber Serin-β-Lactamasen (SBLs), die in der Regel parallel von MBL-produzierenden Enterobacterales produziert werden. MBL-produzierende Enterobacterales gelten wegen ihrer Resistenz gegenüber β-Lactam-Antibiotika als schwer behandelbar.[7]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; S. 156, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. a b Datenblatt Aztreonam, ≥98% (HPLC) bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 1. Dezember 2019 (PDF).
  3. a b Rex N. Brogden, R. C. Heel: Aztreonam. In: Drugs. 1986, Band 31, Nummer 2, S. 96–130 doi:10.2165/00003495-198631020-00002.
  4. G. Geisslinger, S. Menzel, T. Gundermann, B. Hinz, P. Roth (Hrsg.): Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2020, S. 1003.
  5. Emblaveo - European Medicines Agency. In: ema.europa.eu. 22. März 2024, abgerufen am 28. März 2024 (englisch).
  6. a b Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 339.
  7. Juan Carlos Vázquez-Ucha, Isaac Alonso-García, Paula Guijarro-Sánchez, Cristina Lasarte-Monterrubio, Laura Álvarez-Fraga, Arnau Cendón-Esteve, Michelle Outeda, Romina Maceiras, Andrea Peña-Escolano, Marta Martínez-Guitián, Jorge Arca-Suárez, Germán Bou, Alejandro Beceiro: Activity of aztreonam in combination with novel β-lactamase inhibitors against metallo-β-lactamase-producing Enterobacterales from Spain. In: International Journal of Antimicrobial Agents. 2023, Band 61, Nummer 4, S. 106738. doi:10.1016/j.ijantimicag.2023.106738.
  1. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Aztreonam-Lysin: CAS-Nr.: 827611-49-4, PubChem: 11204019, ChemSpider: 9379087, Wikidata: Q27293915.