Gruppenhomologie
Gruppenhomologie ist ein technisches Werkzeug der Mathematik, das in Gruppentheorie und algebraischer Topologie eine wichtige Rolle spielt.
Definitionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abstrakte Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es sei eine Gruppe. Der Funktor von der Kategorie der -Moduln in die Kategorie der abelschen Gruppen, der einem Modul die Gruppe der Koinvarianten
zuordnet, ist rechtsexakt. Seine n-te Linksableitung ist die n-te Homologiegruppe von mit Koeffizienten im -Modul .
Die Gruppenhomologie kann auch mithilfe des Funktors Tor definiert werden:
dabei ist der Gruppenring von und mit der trivialen -Operation versehen.
Aus der Beschreibung mithilfe des Funktors ist ersichtlich, dass die Gruppenhomologie mithilfe einer beliebigen projektiven Auflösung des trivialen -Moduls berechnet werden kann. Das heißt, man wählt eine lange exakte Sequenz von -Moduln
in der sämtliche projektive Moduln sind und definiert dann als die Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen -Modul erhaltenen Kettenkomplexes
- .
Aus dem Fundamentallemma der homologischen Algebra folgt, dass nur vom -Modul und nicht von der gewählten projektiven Auflösung abhängt.
Explizite Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als projektive Auflösung des -Moduls kann man mit dem Differential
- wobei
wählen und dann also als Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen -Modul erhaltenen Kettenkomplexes definieren. Die Elemente dieses Komplexes heißen homogene Ketten.
Eine äquivalente Definition liefert die sogenannte Bar-Auflösung. Hier betrachtet man mit dem Differential
und definiert dann als Homologie des durch Tensorieren mit dem trivialen -Modul erhaltenen Kettenkomplexes. Die Elemente dieses Komplexes heißen inhomogene Ketten.
Topologische Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Äquivalent kann auch definiert werden als die singuläre Homologie mit Koeffizienten in des Eilenberg-MacLane-Raumes :
- .
Diese Definition ist für praktische Berechnungen die einzig handhabbare.
Homologie in niedrigen Graden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die 0-te Homologie gilt , insbesondere ist für den trivialen -Modul .
Für die 1-te Homologie ist
die Abelisierung von .
Die 2-te Homologie mit trivialen Koeffizienten kann mit der Hopf-Formel berechnet werden: wenn eine endlich präsentierte Gruppe mit einer endlich erzeugten freien Gruppe ist, dann ist
- .
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Geschichte der Gruppenhomologie beginnt mit einer 1936 veröffentlichten Arbeit von Witold Hurewicz Beiträge zur Topologie der Deformationen. IV. Asphärische Räume, in der bewiesen wird, dass der Homotopietyp eines asphärischen Raumes nur von seiner Fundamentalgruppe abhängt und man deshalb Gruppenhomologie als Homologie eines asphärischen Raumes mit Fundamentalgruppe definieren kann. In seiner 1942 veröffentlichten Arbeit Fundamentalgruppe und zweite Bettische Gruppe zeigte Heinz Hopf, dass der Kokern der Hurewicz-Abbildung in Grad ist und dass aus den Erzeugern und Relationen einer Präsentierung berechnet werden kann. Nach Hopfs Veröffentlichung entwickelte sich das Gebiet in den 40er Jahren durch Arbeiten von Eckmann, Eilenberg-MacLane, Hopf und Freudenthal rasch weiter, Eilenberg und MacLane fanden in ihrer 1945 veröffentlichten Arbeit Relations between homology and homotopy groups of spaces die Definition durch die Bar-Auflösung und bald danach wurde auch die allgemeine Definition mittels projektiver Auflösungen gegeben.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kenneth S. Brown: Cohomology of groups (= Graduate Texts in Mathematics 87). Corrected 2nd printing. Springer, New York u. a. 1994, ISBN 0-387-90688-6
- D.J.S. Robinson: A Course in the Theory of Groups, Springer-Verlag 1996, ISBN 0-387-94461-3, Kap. 11.2: Homology Groups and Cohomology Groups (ohne Vorkenntnisse aus der homologischen Algebra)