Mahamudra
Mahamudra (skt.; tib.: phyag rgya chen po; auch: Chag Chen; deutsch: Großes Siegel bzw. Großes Symbol) ist ein zentraler Begriff in den Schulen der „Neuen Übersetzungen“ (Sarma) des tibetischen Buddhismus.
Grundlagen-, Pfad- und Frucht-Mahamudra
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mahamudra bezeichnet in diesen Schulen (zu denen die Kagyü-, Sakya- und Gelug-Schule zählen) die höchsten buddhistischen Lehren als die „Grundlage“, auf welcher die Meditationspraxis fußt; die auf diesen Lehren beruhende Praxis selbst als den „Pfad“; und die durch diese Praxis erreichte Erleuchtungserfahrung als die letztlich erreichte „Frucht“. Man spricht daher auch vom „Grundlagen-, Pfad- und Frucht-Mahamudra“.
Essenz der Lehren Buddhas
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Mahamudra-Ansatz wird oft auch als die Essenz der Lehren Buddhas (Dharma) bezeichnet und mag in seinen drei Bedeutungsebenen unter günstigsten Umständen innerhalb einer einzigen Lebensspanne zur Erleuchtung führen. Die damit eintretende Erkenntnis wird auch als „Erkennen der höchsten Wirklichkeit“, „Erkennen der Natur des Geistes“ oder schlicht als „Erkennen der Buddha-Natur“ bezeichnet. In diesem vollkommenen Zustand sind alle dualistischen Geistes-Konzepte überwunden, die dauerhafte Erfahrung einer „absoluten Wirklichkeit“, gleichbedeutend mit „höchster Weisheit“ tritt ein.
Man findet in der klassischen tibetischen Literatur daher auch die Umschreibung, „bei Erlangung der Mahamudra trage alles das Siegel der absoluten Natur“ oder „alle Phänomene erscheinen als Elemente des Weisheits-Mandala des Geistes“. Diese Einsicht ist nicht verschieden von der Erkenntnis der im Herz-Sutra des Mahayana-Buddhismus beschriebenen Prajnaparamita, der sogenannten vollkommenen Weisheit, der höchsten Erkenntnis aller Buddhas.
Vier Yogas der Mahamudra
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lehre der Mahamudra basiert auf verschiedenen Stufen meditativer Praxis, den sogenannten „Vier Yogas der Mahamudra“:
- Die Entwicklung eines einsgerichteten Geistes,
- Die Transzendierung konzeptueller Vorstellungen,
- Die Kultivierung der Sicht, dass alle Phänomene von grundlegend nichtdualer Natur, „ein Geschmack“ sind,
- Die Frucht des Pfades, der jenseits der Anstrengung der Meditation liegt.
Es wird gesagt, dass durch diese vier Stufen der Praktizierende die vollständige Verwirklichung der Mahamudra erlangt.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Djamgön Kongtrül Lodrö Thaye, Tilmann Borghard (Übers.): Mahāmudrā – das Licht des wahren Sinnes: Erläuterungen zu den vorbereitenden Übungen und zur Hauptpraxis des Mahāmudrā. Norbu-Verlag, Badenweiler 2014.
- Garma C. C. Chang: Mahamudra-Fibel. Eine Einführung in den tibetischen Zen Buddhismus. Octopus Verlag, Wien 1979.
- Geshe Rabten: Mahamudra. Der Weg zur Erkenntnis der Wirklichkeit. Edition Rabten, 2008, ISBN 3905497425 (Inhalt).
- Künzig Shamar Rinpoche: Der Mahamudra-Weg. In: Buddhismus Heute. 18/1995 (Volltext).
- Karmapa Wangtchug Dordje, Henrik Havlat (Übers.): Mahamudra – Der Ozean des wahren Sinnes. Monsenstein und Vannerdat, 2009, ISBN 9783865828828.
- Lama Ole Nydahl: Das große Siegel. Die Mahamudra-Sichtweise des Diamantweg-Buddhismus. Droemer/Knaur, München Juli 2006, ISBN 3-426-87292-7.
- Geshe Kelsang Gyatso: Mahamudra-Tantra. Tharpa, 2006, ISBN 3-908543-26-6.
- Dzogchen Ponlop Rinpoche: Three Classifications of Mahamudra (PDF; 79 kB).
- Peter Alan Roberts (Übersetzer): Mahamudra and Related Instructions. Core Teachings of the Kagyü Schools. Wisdom Publications, Boston 2011, ISBN 978-086171-444-5. (764 S.)
- Tulku Urgyen Rinpoche: „Wie es ist“ – Essenz von Dzogchen und Mahamudra. Band 1. Joy-Verlag, 2011, ISBN 978-3-928554-76-3.
- Tulku Urgyen Rinpoche: „Wie es ist“ – Essenz von Dzogchen und Mahamudra. Band 2. Joy-Verlag, 2012, ISBN 978-3-928554-77-0.
- Garchen Rinpoche: Mahamudra am Gangesstrom. Otter Verlag, München 2010, ISBN 978-3933529336.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Study Buddhism: Mahamudra – Übersetzungen und Kommentare.
- Tilopa: Mahāmudrā Instruction to Naropa. Übersetzung Kunzang Tenzin, 1977.
- Naropa/Maitripa: Mahāmudrā in Kürze. Übersetzung M. B. Schiekel, 2011.