Mena-Watch
Mena-Watch ist eine in Wien ansässige deutschsprachige Website zu den Themen Naher Osten und Israel (MENA-Region). Sie vertritt israelfreundliche und islamkritische Positionen.
Gründung und Finanzierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mena-Watch wurde 2011 vom Unternehmer Erwin Javor gegründet, der das Projekt finanziert. Javor ist seit 1969 Eigentümer des Unternehmens Frankstahl[1] sowie Mitbegründer des Magazins Nu.[2] Die Website ist aus der Medienbeobachtungsstelle Naher Osten hervorgegangen.[3] Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Florian Markl.[4] Medieninhaber ist seit März 2022 das Immobilienunternehmen Thespis GmbH, das zu 82 % im Eigentum von Erwin Javor steht.[5] Unter dem Namen edition mena-watch verlegt das Unternehmen Bücher.[6]
Ziele und Autoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut Eigenbeschreibung hat sich Mena-Watch zum Ziel gesetzt, mit ihrer Arbeit zur Verbesserung der Qualität der Berichterstattung über den Nahen Osten im Allgemeinen und Israel im Besonderen beizutragen.[7][8] Zu den Autoren gehören Erwin Javor (Herausgeber), Florian Markl (wissenschaftlicher Leiter), Alexander Gruber (Chefredakteur), Thomas M. Eppinger (ehemaliger Herausgeber), Alex Feuerherdt und Raimund Fastenbauer.[9] Gastautoren sind unter anderem Matthias Küntzel, Ulrich W. Sahm und Ben Segenreich.[10]
Arik-Brauer-Publizistikpreis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 2022 wird jährlich der Arik-Brauer-Publizistikpreis für „fundierte Beiträge zur öffentlichen Debatte [...], die den Nahen Osten aus einer fairen und realitätsbezogenen Perspektive“ betrachten, verliehen. Der Keramikskulptur-Preis ist ein Werk von Arik Brauer. Jurymitglieder sind Oskar Bronner (Herausgeber Der Standard), Stefan Kaltenbrunner (Ex-Chefredakteur Puls 24), Ben Segenreich (ehemals Korrespondent in Israel für ORF), Ednan Aslan (Religionspädagoge) und jeweils ein Vertreter von B’nai B’rith und Mena-Watch.[11] 2022 ging der Preis an Christian Ultsch, Esther Schapira und Wolf Biermann.[12] Eröffnet wurde die Preisverleihung mit Videogrußworten von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.[13] 2023 ging der Preis an Mirna Funk und Ahmad Mansour.[14]
Positionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Florian Markl bezeichnet das israelische Nationalstaatsgesetz als „normalen Umstand“ in einem Nationalstaat, der der Mehrheitsbevölkerung vorbehalten ist. Zudem seien Kontakte der israelischen Regierung mit rechtspopulistischen Parteien alternativlos.[15]
Die Bezeichnung Israels als „Apartheid“ durch Amnesty International weist Mena-Watch als Verleumdung[16] und Antisemitismus zurück.[17] Ebenso werden die israelischen Menschenrechtsorganisationen B’Tselem und Breaking the Silence als „antiisraelisch“ kritisiert.[18] Human Rights Watch wird als „israelfeindlich“ beschrieben.[19]
Kontroversen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im November 2016 kritisierte Mena-Watch die Ausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“ als Dämonisierung Israels.[20] Die an mehr als 130 Orten gezeigte Ausstellung war an der Universität Göttingen vom Seminar für Arabistik und Islamwissenschaft organisiert worden.[21] Im November 2018 bezeichnete Florian Markl den Politikwissenschaftler John Bunzl als mit dem „Jargon antiimperialistischer und postkolonialer Ideologen“ arbeitend.[22] Dieser hatte zuvor eine Konferenz von Sebastian Kurz gegen Antisemitismus kritisiert.[23]
2019 bezeichnete Mena-Gründer Erwin Javor den ÖVP-Abgeordneten Martin Engelberg als „Hausjuden“,[24] nachdem Engelberg einen Artikel zur Verteidigung von Sebastian Kurz geschrieben hatte.[25] Im Juli 2021 veröffentlichte Mena-Watch einen von 36 Personen unterzeichneten offenen Brief, der die Glückwunschbotschaft von Van der Bellen an den neu gewählten iranischen Präsidenten kritisierte.[26] Nach einer Meldung von Mena-Watch wurde im Juni 2022 die Veranstaltung „Zionist Sensual Regime“ der palästinensische Queer- und Postcolonial-Forscherin Walaa Alqaisiya (London School of Economics), die einer Einladung der Akademie der bildenden Künste gefolgt war, abgesagt.[27] Alqaisiya und die palästinensische Botschaft protestierten gegen diese Entscheidung.[28] Die Kuratorin der Veranstaltung, Jelena Petrović vom Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften bezeichnete die Vorwürfe als Versuch einer Zensur und manipulative politische Missinterpretation.[29]
Im Mai 2022 klagten News und Eigentümer Horst Pirker gegen Mena-Watch und deren Autor Christian Ortner. Davor hatte Ortner einen Artikel in News mit dem Der Stürmer verglichen und News vorgeworfen Antisemitismus zu verbreiten.[30] Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen.[31][32] 2023 wurde die Ausstellung „100 Missverständnisse über und unter Juden“ im Jüdischen Museum Wien von Mena-Watch kritisiert. Die Schau „schwurble, verzerre und verwirre“.[33] Ben Segenreich schrieb in einem Gastkommentar von „Geschmacklosigkeit“.[34] Die Direktorin des Museums, Barbara Staudinger, entgegnete, dass Erinnerungskultur auch stören und verstören dürfe.[35]
Rezeption und Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einem Vierteljahresbericht 2017 bezeichnet der WDR Mena-Watch als „islamkritische Internetseite“.[36] Laut Barbara Toth vom Falter hat sich Mena-Watch dem Beobachten der deutschen „Israelkritik“ verschrieben[37] und kritisiert meistens Artikel, die Israels Politik hinterfragen.[38] Der ehemalige Chefredakteur von Die Presse, Rainer Nowak, bezeichnet Mena-Watch als „israelfreundlichen Blog“.[39] Im Kurier wird die Bezeichnung „jüdischer Blog“ verwendet.[40]
Die Wiener Wochenzeitung Falter urteilte: „Bei Mena-Watch handelt es sich weniger um ein wissenschaftliches Forum als um eine aktivistische Plattform, die die Interessen des israelischen Staates verteidigt.“[41] Laut Eric Frey unterstellt Mena-Watch einem Großteil der westlichen Medien und Journalisten eine antiisraelische oder sogar antisemitische Haltung.[42]
Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, bezeichnet Mena-Watch als „toxische Plattform“, die „islamfeindliche Propaganda at its best“ verbreite. Zusätzlich bezeichnete Loewy Mena-Watch als „ein Ort antideutscher Propaganda“, die „in Wirklichkeit deutsch-nationalistische Propaganda geworden“ sei.[43] Dieser Kritik schloss sich die Schriftstellerin Eva Menasse an. Laut Menasse hat sie Mena-Watch für „ein urdeutsches, also antideutsches Nest der Wahnsinnigen gehalten“. Sie habe erst vor Kurzem erfahren, dass Mena-Watch aus Wien kommt und sie den Finanzier Erwin Javor persönlich kenne.[44] Außerdem kritisiert sie einen „maßlosen Anti-Antisemitismus, einen Jagdtrieb des ‚unsäglichen Mena-Watch‘, der sich auch gegen jüdische Intellektuelle“ richte.[41] Gegen diese Kritik wehrte sich der Gründer Erwin Javor.[45][41]
Fritz Edlinger, Generalsekretär der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen, bezeichnete Mena-Watch in einem Leserbrief als „israellobbyistische Plattform“.[46] Ebenso bezeichnet er die beiden Mena-Watch-Autoren Florian Markl und Alex Feuerherdt als „sattsam bekannte israelische Lobbyisten“.[47] In einer Replik bezeichnete Markl es als „seltsam“, wenn sich „ein Lobbyist für Palästinenser am Lobbyismus anderer stößt“.[48]
Der Journalist Matthias Dusini vom Falter schreibt: „In der Mena-Watch-Logik gelten auch jene, die von einer Apartheidpolitik, also der diskriminierenden Behandlung der Palästinenser sprechen, als Antisemiten.“[41]
Im Februar 2024 kritisierte die Journalistin Sonja Zekri vor dem Hintergrund des Israel-Gaza-Krieges, dass Mena-Watch sich „Nahost-Thinktank“ nenne, diese neutrale Bezeichnung aber kaum zu seinen „propagandistischen Artikeln“ über die muslimische „Kolonisierung“ des „angestammten Heimatlandes der Juden“ passe.[49]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Erwin Javor: Ich bin ein Zebra: Eine jüdische Odyssee. Amalthea Signum Verlag, 2017, ISBN 978-3-903083-76-9.
- ↑ Andrea Reiter: Contemporary Jewish Writing: Austria After Waldheim. Routledge, 2013, ISBN 978-1-135-11472-5.
- ↑ Über Mena-Watch, den unabhängigen Nahost-Thinktank. 1. November 2019, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Petra Stuiber: Das geliebte Land Israel. In: Der Standard. 5. Mai 2018, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Impressum, Kontakt | Mena-Watch. 1. November 2019, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ "Israel, was geht mich das an?": 14 Blickwinkel auf das Land. Abgerufen am 25. November 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Rudi Vielnascher-Alleskunst net ID GmbH: Erwin Javor - Mena-Watch. In: Erwin Javor Privat. Erwin Javor, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Barbara Toth: Was uns Israel angeht. In: Falter. 23. November 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Impressum, Kontakt | Mena-Watch. 1. November 2019, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Mena-Watch Autoren im Überblick | Aktuelles auf Mena-Watch. 31. Oktober 2019, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Arik-Brauer-Publizistikpreis für Christian Ultsch und Esther Schapira. Abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Arik-Brauer-Preis gegen „Köpferl im Sand“. In: Die Presse. 25. März 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Grußbotschaft vom Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Abgerufen am 25. Juli 2024.
- ↑ ORF at/Agenturen red: Arik-Brauer-Publizistikpreis für Mirna Funk und Ahmad Mansour. 31. Oktober 2023, abgerufen am 23. November 2023.
- ↑ Die angeblich katastrophale Gründung Israels. Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Wider alle Fakten verleumdet Amnesty Israel als Apartheid-Staat. 1. Februar 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Amnesty International und seine Obsession mit Israel. 6. November 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ „B’Tselem“ und „Breaking the Silence“ lösen das „Apartheid“-Ticket (Teil 2). 13. Februar 2021, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Der Feldzug einer Menschenrechtsorganisation gegen Israel. 1. September 2023, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Universität Göttingen: Antisemiten rein, Kritiker raus. 1. November 2016, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Göttinger Tagesblatt, 4. November 2016, S. 22
- ↑ Die angeblich katastrophale Gründung Israels. Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Das seltsame Verhältnis der Kurz-Regierung zu Israel. Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Erwin Javor: Nichts weiter als parteipolitische Instrumentalisierung. In: Die Presse. 18. Juli 2019, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Martin Engelberg: Es reicht, Tal Silberstein! In: Die Presse. 16. Juli 2019, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Karl-Peter Schwarz: Die unerträgliche Heuchelei der hypermoralischen Politiker. In: Die Presse. 6. Juli 2021, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Ein Bild des Schreckens. Abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Presseaussendung: Vortrag von palästinensischer Wissenschaftlerin in Wien gecancelt. 31. Mai 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ https://www.akbild.ac.at/en/institutes/art-theory-and-cultural-studies/events/conferences/2022/the-spring-curatorial-program/statement_26052022.pdf
- ↑ Klage nach Psychoporträt in "News": Ist Selenskyj ein jüdischer Vampir? Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Manfred Seeh: Streit um Antisemitismus-Vorwurf: "News"-Klage abgewiesen. In: Die Presse. 28. Juli 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Antisemitismusvorwurf: Klage von News-Verlag gegen Journalisten Ortner abgewiesen. Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Streit ums Jüdische Museum: Ein Bettvorleger namens Adolf Hitler. Abgerufen am 1. September 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Ben Segenreich: Geschwurbel im Jüdischen Museum. In: Die Presse. 6. Januar 2023, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Jutta Steiner, religion.ORF.at: 100 Missverständnisse zwischen Kitsch und Erinnerungskultur. 6. Dezember 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/dialog/services/infomaterial/vierteljahresbericht132.pdf
- ↑ Was uns Israel angeht. Abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Ein peinliches Psychogramm. Abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Rainer Nowak: Pirker gegen Ortner: Eben nicht Kapfenberg gegen Simmering. In: Die Presse. 28. Mai 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Philipp Wilhelmer: NS-Vergleich: "News" hat jüdische Plattform geklagt. In: Kurier. 24. Mai 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ a b c d "Antisemitismus geht nicht mehr von den Nazis aus". Abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Eric Frey: Besonders charakteristisch. In: NU. 7. September 2022, abgerufen am 4. September 2023.
- ↑ „Nicht der Indonesier hat den Antisemitismus hineingebracht“. In: Die Presse. 6. September 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ „Nicht der Indonesier hat den Antisemitismus hineingebracht“. 6. September 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Thomas Kramar: „Das ist reiner Nazi-Sprech“. In: Die Presse. 10. August 2022, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ Fritz Edlinger: „Mord zu loben ist schon ein starkes Stück.“ In: Die Presse, 16. Dezember 2020.
- ↑ Fritz Edlinger: Propagandistische Ablenkungen von Verbrechen Israels. In: Die Presse. 31. Mai 2018, abgerufen am 3. September 2023.
- ↑ Florian Markl: Die Israel-Obsession der Vereinten Nationen. In: Die Presse. 12. Juni 2018, abgerufen am 3. September 2023.
- ↑ "Ruhrbarone": Ein Besuch beim wohl mächtigsten Blog in Deutschland, Süddeutsche Zeitung, 22. Februar 2024, abgerufen am 24. Februar 2024.